Raven im Rollstuhl
„Vale Tudo“ heißt Guido Paschkes Projekt, das Partys für alle verspricht. Mit Crowdfunding und kreativen Ideen plant er eine Open-Air-Reihe, bei der auch Menschen im Rollstuhl endlich ohne Einschränkungen feiern können. Im folgenden Interview verrät er uns seine Pläne. Ist Cottbus bereit fürs Raven im Rollstuhl?
Welche Begegnung hat dich dazu bewogen, dieses Partykonzept realisieren zu wollen?
Unsere Erfahrungen in der Reha-Branche und meine Leidenschaft für die Musik haben mich motiviert, ein solches Partykonzept zu entwickeln. Die Begegnung mit einem Kunden, der trotz seiner Herausforderungen weiterhin Musik machen möchte, hat mir die Idee gegeben, eine Plattform zu schaffen, die es Menschen mit ähnlichen Einschränkungen ermöglicht, an Partys teilzunehmen und ihre Leidenschaft für die Musik auszuleben. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Barrieren abzubauen und ein Erlebnis für beeinträchtigte Menschen zu schaffen. Es ist mir wichtig, Menschen zusammenzubringen und ihnen Freude zu bereiten, unabhängig von ihren geistigen und körperlichen Einschränkungen.
Welche Ideen möchtest du konkret umsetzen, um dein Open-Air barrierefrei zu machen?
Wir haben die Idee, eine Bar zu schaffen, an der die Gäste selbstständig mit anderen in Kontakt treten und sie bewirten können. Das fördert die soziale Interaktion und schafft eine einladende Atmosphäre. Außerdem plane ich eine Pizza-Strecke, die jedem die Möglichkeit gibt, eigene Pizzen zu gestalten. Das ist eine kreative und unterhaltsame Aktivität, die allen Spaß macht und gleichzeitig die Teilhabe fördert. Des Weiteren möchte ich eine Kunststrecke einrichten, auf der eigene Kreationen verkauft oder getauscht werden können. Wichtig sind auch die geplanten Ruhezonen, damit unsere besonderen Gäste einen Rückzugsort haben und sich von den gesammelten Eindrücken erholen können. Diese Ideen tragen dazu bei, ein inklusives und einladendes Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder wohlfühlen und Spaß haben kann. Mein Ziel ist es, Barrieren abzubauen und ein unvergessliches Erlebnis für alle zu schaffen. Es wird eine Checkup-Area geben, in der wir die Hilfsmittel durchschauen und auch Kleinstreparaturen durchführen können bzw. werden. Auch das soll für die Besucher kostenfrei geschehen.
Was muss eine Location bieten, um für Vale Tudo geeignet zu sein – und hast du schon eine in Aussicht?
Da es sich zunächst um vier Open-Air-Festivals im Jahr 2025 handelt, habe ich bereits eine geeignete Location mit einer Fläche von 5.000 Quadratmetern gefunden. Ich konnte auch die Politik der Stadt Cottbus für unser Projekt gewinnen, nachdem ich unser Konzept im Sozialausschuss vorgestellt habe. Mein Ziel ist es nicht, eine neue Location zu bauen oder irgendwo einzuziehen, sondern sicherzustellen, dass unser Konzept zu 100 Prozent barrierefrei ist. Dazu gehören beispielsweise behindertengerechte WC-Einheiten mit Liftern und Liegen, um auf jedes Handicap eingehen zu können. Ich möchte, dass die Besucher die Möglichkeit haben, sich um Katheterwechsel oder Umpositionierungen zu kümmern, ohne dass viele Zuschauer dabei sind. Ich vermute, dass die Eindrücke, die sie dort erleben, möglicherweise auch zu einem erhöhten Bedarf führen könnten.
Du konntest auf GoFundMe bisher gut 500 Euro sammeln, dein Ziel sind 2.000. Was soll damit konkret passieren?
Mit meinem Startkapital plane ich, die vorhandene Technik instand zu setzen, eine Bühne zu bauen und es für dekorative Zwecke zu nutzen. Aus diesem Grund bin ich auf Kooperationen angewiesen.
Wie hoch schätzt du die Kosten für das Open-Air insgesamt ein und wie soll die Lücke finanziert werden?
Ich arbeite daran, das erste Festival auf die Beine zu stellen. Da wir noch kein eingetragener Verein oder eine gemeinnützige Organisation sind, möchte ich die erste Veranstaltung durch Kooperationen, Sponsoren und Spenden realisieren. Viele Firmen, die sich sozial engagieren möchten, haben bereits Interesse gezeigt und können uns bei diesem Projekt unterstützen. Es erfordert jedoch etwas Fingerspitzengefühl, um alles miteinander zu verbinden. Ich freue mich sehr, dass ich schon so viele Gewerke für unser Vorhaben gewinnen konnte.
Was bedeutet der Name „Vale Tudo“ für dich persönlich?
Der Name „Vale-Tudo“ stammt aus dem Portugiesischen und bedeutet „alles geht, alles ist möglich“. Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, passt das sehr gut zu mir und zu uns als Team. In der Vergangenheit haben wir oft gesehen, wie man es nicht machen sollte, und ich denke, jetzt ist der richtige Moment, etwas zurückzugeben, da uns die räumlichen Mittel zur Verfügung stehen. Jeden Tag sehe ich in den Jugend- und Kindereinrichtungen Menschen, die es verdienen, laute Musik, bunte Farben und Eindrücke mit nach Hause zu nehmen. Das könnte ihren Alltag etwas bunter gestalten.
Wie ist dein weiterer Fahrplan bis zur ersten Edition?
Jetzt heißt es für mich, zunächst einen Verein zu gründen und weiterhin am Konzept zu arbeiten, um Mitte April das erste Festival veranstalten zu können. Dieses Festival soll zu 95 Prozent ein Inklusionsfestival werden. Natürlich sind auch die „normalen Zweibeiner“ herzlich willkommen, aber sie stehen in diesem Kontext an zweiter Stelle, wenn ich das so sagen darf.
Wir danken für das Interview und wünschen viel Erfolg!
www.gofundme.com/f/valetudo-social-events-cottbus