Kann man mit KI auch kuscheln?
Vor fünf Jahren erhielt Martin Schüler nach eigenen Angaben von seiner Plüschkatze Gondula den Auftrag, Kuscheltiere zu malen. Heute beauftragen Menschen künstliche Intelligenzen mit der Erstellung komplexer Kunstwerke. Sieht Martin seine Kunst bedroht? Die Antwort von Martin Schüler mag überraschen. Der Cottbuser Künstler, selbsternannter König der Kuscheltiere, im Gespräch über die verschmelzenden Welten von Kunst und Technologie:
Künstler:innen schöpfen oft aus ihren Lebenserfahrungen und Gefühlen. Kann eine KI, die Daten analysiert, solch persönliche Kunstwerke schaffen?
Das kann sie durchaus. Die Daten, die eine KI analysiert, stammen ja von uns Menschen. Wir fühlen und drücken mit unserer Nutzung diverser Netzwerke Sehnsüchte aus. Ein Netzwerk kann anhand unserer Daten genau feststellen, welcher Meinung wir sind, was uns fasziniert und uns so gar nicht gefällt. Auf dieser Grundlage lernen Maschinen, uns Menschen zu verstehen. KI kann uns einen Spiegel vorhalten zu dem, was wir wollen. Außerdem füttern wir die KI mit Vorgaben, die unser Denken wiedergeben. Wir lassen sie persönlich werden.
Was glaubst du: Welchen Einfluss nimmt die Verfügbarkeit von KI-generierter Kunst auf den Geld-Wert und den emotionalen Wert von Kunst?
Das kann man pauschal nicht beantworten, weil Kunst verschiedenen Zielen folgt wie Marketing, Handwerk oder dem individuellen Ausdruck der Gefühle eines Menschen. Im Bereich der Werbung und des Handwerks sehe ich einen großen Markt für KI-generierte Kunst, weil Firmen und Privatpersonen damit immens Kosten einsparen können. Der Beruf des Grafikers wird sterben. Im Bereich der individuellen persönlichen Kunst sehe ich hier aber keine Veränderungen. Der Kunstmarkt schätzt ein Werk nicht immer aufgrund seiner Qualität, sondern durch die Geschichte und die Bedeutung des Künstlers. Hier gelten andere Faktoren, als sie eine KI bedienen könnte.
Kunst hat oft das Ziel, gesellschaftliche Diskussionen anzuregen. Kann KI-generierte Kunst ähnlich provokativ und kontrovers sein wie Kunst, die von menschlichen Erfahrungen inspiriert ist?
Das denke ich nicht. Eine KI könnte natürlich einen Zeitgeist verstehen, ihn aber nicht prägen. Die Gesellschaft wird durch Menschen verändert, die Altbekanntes infragestellen. Muster aufbrechen. Eine KI lernt jedoch nur auf Grundlage von Daten, die sich nicht von selbst verändern. Sie reproduziert, aber erfindet nicht neue Gedanken. Dafür sind Maschinen zu logisch veranlagt. Vielmehr werden wir Menschen uns durch die neuen Möglichkeiten der KI verändern. Das Medium ist hier die Botschaft.
Inwiefern könnte eine Zusammenarbeit zwischen Künstler:innen und KI neue künstlerische Möglichkeiten eröffnen, die ohne diese Partnerschaft nicht denkbar wären?
Besonders spannend an KI finde ich, wie sie manchmal Zusammenhänge herstellt zwischen Themen, die für mich auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Für mich persönlich kann ich mir vorstellen, dass sie gerade im Marketing für meine eigene Kunst meine Motive weiterdenkt. Zum Beispiel einen Trickfilm daraus kreiert. Ich als Künstler habe Grenzen in meinem Schaffen wie Zeit, technische Möglichkeiten und digitales Know-How. Dabei kann sie mir helfen.
Was macht deine Kunst unnachahmlich?
Tatsächlich versuche ich erst gar nicht, perfekte Handwerkskunst zu schaffen. Mein Stil entstand, indem ich bewusst meine Fehler herausarbeitete. Was mich zum Menschen macht, soll meine Kunst aufzeigen. Eine KI will aber keine Fehler erzeugen. Zudem falle ich durch Aktionskunst auf und will provozieren. Aber nachahmen, das ist einfach. Wieso soll eine Maschine nicht tun, was Menschen auch können?
Wir danken für das Interview.
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Foto: Kathrin-Clara Jantke