Generation What The Fuck
Unsere neue Serie über Besonderheiten und Challenges unserer Generation. (Foto: satamedia, istock)
What the fuck is going on? Erst die Klimakrise, dann Corona, plötzlich ein Krieg – und jetzt geht’s wieder vorn los. Unsere junge Generation ist nach Jahrzehnten des warmen Wohlstandgefühls unserer Eltern jetzt einer Krise nach der anderen ausgesetzt. Statt des Wirtschaftswunders erleben wir Wasserknappheit. Dazu kommen brennende Bewegungen wie der Feminismus, die Gendergerechtigkeit und und und … Unsere Lebenswirklichkeit ist auch durch Social Media eine ganz andere, als sie es für unsere Eltern und Großeltern in deren Jugendzeiten war. Zunehmend stellt sich uns die Frage, wie wir den Karren noch aus dem Dreck ziehen sollen, gleichzeitig scheinen wir unbegrenzte Möglichkeiten der Entfaltung zu haben. Das Leben im Hier und Jetzt kann so bereichernd wie nie zuvor sein, doch ist nicht sicher, in welcher Welt wir selbst als Rentner:innen leben und wie viele Cents wir dann noch an Rente bekommen. Älterwerden macht manchen Jungen Angst, während viele Alte neidvoll auf die „jungen Kollegen“ blicken.
In unserer neuen Reihe „Generation WTF“ werfen wir einen Blick auf die Differenzen zwischen Generationen und decken auf, wie tiefgreifend sie sind – oder ob sie überhaupt existieren. Wir wollen beleuchten, worin die wichtigsten Herausforderungen für uns liegen, wie die Einstellung älterer Menschen diesen Challenges gegenüber ist und wie wir gemeinsam mit den Erfahreneren einen Weg aus dem Sumpf von Krieg, Corona und Klimakoma finden. Zumindest so weit, wie uns das möglich ist. Wir wollen Verständnis für Andere wecken, aber auch mit unserer Stimme Unverständnisvolle aus dem Schlaf holen. Dabei dürfen wir nie vergessen, dass der Ausgang der aktuellen Veränderungen zwar ungewiss ist, wir ihn aber selbst in der Hand haben. Wenn eine Generation den Neuanfang und -aufbau einer friedlichen, gesunden und klimafreundlichen Gesellschaft leisten kann (und muss), dann ist es unsere Generation.
X, Y, Z, What?
Die Wissenschaft macht sich seit dem 20. Jahrhundert Gedanken darüber, wie man Menschen aus unterschiedlichen Jahrzehnten am besten in Schubladen packen kann, um sie miteinander zu vergleichen. Jede:r hat bestimmt schon mal von der Generation „Babyboomer“ gehört. Damit sind laut Jugendforscher Simon Schnetzer alle gemeint, die von 1950 bis 1964 geboren wurden. Diese besonders starken Geburtengänge sahen sich in der Zeit ihres Berufseintritts mit der Ölkrise, dem Wettrüsten im Kalten Krieg und – erstmals seit Jahrzehnten – einer steigenden Arbeitslosigkeit konfrontiert. Sie bringen laut Schnetzer hohe Karriereziele, eine gute Anpassungsfähigkeit und Tatkraft mit.
Generationenmodelle nach Jugendforscher Simon Schnetzer
- Babyboomer: 1950-1964
- Generation X: 1965-1979
- Generation Y: 1980-1994
- Generation Z: 1995-2009
- Generation α: 2010-2024
- Generation β: 2025- …
Die Jahreszahlen sind übrigens keineswegs in Stein gemeißelt und unterscheiden sich von Wissenschaftler:in zu Wissenschaftler:in. Die Sozialwissenschaftler Luc Boltanski und Ève Chiapello zählen diejenigen zu den Babyboomern, die von 1956 bis 1965 geboren sind. Du als Leser unseres Magazins gehörst nach diesen Modellen jedenfalls zur Generation Y oder Z, da du vermutlich irgendwo im Zeitraum um 1980 und 2009 geboren bist. Was meinst du, was dein Alter über dich aussagt?
Generation Y (1908 bis 1994)
Schnetzer zufolge bist du freiheitsliebend, egoistisch und verwirklichst dich erst selbst, bevor es ans Kindermachen geht. Über die Rente machst du dir deinen Kopf, vielmehr war deine Jugend von Wohlstand geprägt.
Generation Z (1995 bis 2009)
Deine Jugend ist wiederum von der Angst geprägt, deinen Wohlstand wieder zu verlieren. Deine Eltern sind eher beste Freunde, Dating-Apps und Social Media machen dich süchtig nach Anerkennung. Außerdem tust du dich schwer damit, Entscheidungen zu treffen, kannst dich kaum konzentrieren und hast Schwierigkeiten, dich face-to-face auszudrücken.
Klingt für die Z’s unter uns nicht mehr so prickelnd? No worry, andere Wissenschaftler haben da andere Auffassungen. Jürg Ingold, ein Schweizer Sozialforscher attestiert den aktuell 13- bis 27-Jährigen eine ausgeprägte Leistungs- und Erfolgsorientierung, was auf eine hohe Bedeutung von beruflichem Erfolg schließen lässt. Auch das Thema Zukunftsangst entkräftete er und sprach in einer Studie den Z’lern eine gewisse Abgeklärtheit zu, die daraus resultieren soll, dass wir mit ständigen und schnellen Veränderungen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen aufgewachsen sind.
Auch in Sachen Babyboomer-Eigenschaften liegen die Erkenntnisse letztendlich auseinander. Jugendforscher Simon Schnetzer und auch Autor Anders Parment zufolge sei ihnen beruflicher Erfolg besonders wichtig. Dennoch wird ihnen von den Forschern Erik Albrecht und Klaus Hurrelmann zugeschrieben, sehr viel Wert auf Selbstverwirklichung und Lebensqualität zulegen. Der Soziologe Markus Klein nahm dagegen schon 2003 an, dass Selbstverwirklichung für die Babyboomer nur eine geringe Rolle gespielt habe.
Brandenburg wird künftig noch älter sein – so sagt es die koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes.
Generation Young
Der eine sagt das, der andere das. Was denn nun? Eins ist wohl klar: Du bist individuell. Und das ist auch der Grund, warum die Generationenmodelle sich in ihren Zuschreibungen oft widersprechen. Schon im antiken Griechenland wurden der Jugend die einen oder anderen Eigenschaften zugeschrieben. Menschen haben einfach altersbedingte Einstellungen, und die ändern sich mit der Zeit. Die gesamte Gesellschaft hat sich in den letzten 100 Jahren verändert und verschoben, und das unabhängig vom Geburtsjahr. Außerdem verändern alle Leute mit zunehmendem Alter ihre Einstellungen, denn ihr Leben schreitet voran und sie sammeln Erinnerungen und Erfahrungen.
Wir sind daher der Meinung, dass wir die Generationenmodelle nicht zu ernst nehmen sollten – weder im Hinblick auf uns noch auf unsere Vorfahren. Angesichts reihenweise Krisen und unendlicher „What The Fuck“-Momente taufen wir uns fortan als Generation WTF. WTF umfasst Menschen wie dich und uns, die die Blüte ihrer Jugend und des jungen Erwachsenseins in der Zeit von Krieg, Corona und Klimakoma erleben. Die extremen Veränderungen ausgesetzt sind, deren Ausgang ungewiss ist. Und die mit aller Kraft versuchen, das Beste daraus zu machen.
Was macht für dich deine aktuelle Generation aus? Wie beobachtest du Gleichaltrige – und welche Herausforderungen unserer Generation WTF sind aus deiner Sicht die größten? Schreib uns via Instagram: @lauter.de
Foto: Rohappy, istock