Tradition bewahren und fortführen
Sarah Gwiszcz ist eine Modekünstlerin aus Lübben, die mit ihrem Modelabel „Wurlawy“ ihre Leidenschaft für sorbisch-inspirierte Kleider auslebt. Auf diese Idee kam sie während des Studiums, als sie die Aufgabe erhielt, Mode für junge Sorben zu entwickeln. Daraus erwuchs Wurlawy, was so viel wie „Junge Spreewaldfrauen“ bedeutet. Wurlawy-Mode sieht man heute im Alltag, aber auch auf Trachtenfesten oder Hochzeiten. Wir interviewten Sarah über den Wandel sorbisch/wendischer Traditionen.
Wann und wie war dein erster Kontakt mit sorbisch/wendischen Traditionen?
Ich wurde in Lübben geboren, bin in einem Dorf bei Lübbenau aufgewachsen und in Lübbenau zur Schule gegangen. Da war ich schon im Kindergarten zampern und durfte zur Vogelhochzeit die Braut sein. Das Osterfeuer und das Osterreiten sind ebenfalls Bräuche, die bei uns im Dorf fester Bestandteil sind – die Tracht jedoch nicht mehr. Da diese bei uns im Dorf ausgestorben war, wurden bei uns die traditionellen Fastnachtsumzüge mit anschließendem Tanz in Abend- bzw. Festbekleidung durchgeführt.
Wie kommen deine Kleider auf sorbisch/wendischen Festen bei den traditionellen Trachtenträgerinnen an?
Mir fällt dazu das Deutsche Trachtenfest in Lübben 2019 ein. Ich hatte zum Spaß mit Leuten, die meine Sachen trugen, machte Selfies und musste dafür nicht viele Meter am Stück gehen. Bei den vielen traditionellen Trachtenträgerinnen dort erfuhr meine Mode keine Ablehnung, im Gegenteil! Viele meiner Kundinnen sind zugleich Trachtenträgerinnen und tragen der Einfachheit halber gerne meine Sachen im Alltag. Meine Mode erinnert sie an ihre Wurzeln und ist zugleich modern, tragbar und pflegeleicht. Bei den Damen, die meine Mode nicht tragen, ist es oft eine traditionelle Einstellungssache, heißt aber nicht zugleich, dass sie meine Entwürfe nicht schön finden.
Glaubst du, dass Tradition wandelbar ist?
Mit Sicherheit. Die Grundstrukturen bleiben, wie man es in verschiedenen Dörfern sieht. Aber viele andere Dinge ändern sich. Schon allein durch die demografische Entwicklung bei uns in Brandenburg. Bei uns und auch in einigen anderen Dörfern fehlten irgendwann die Jugendlichen. Da wurden die Fastnachtsbräuche aufgeweicht von Männer- und Jugendfastnacht zu einer gemeinsamen Fastnacht, bei der von Jung bis Alt alle dabei sind. Das macht es für mich auch irgendwie familiärer. Und bei der Tracht sehe ich den Wandel in den Materialien. Eine Tracht muss nicht mehr wie vor hundert Jahren schwer sein. Inzwischen ist die Textilindustrie ganz anders aufgestellt. Wollstoffe sind viel leichter und Stickereien können problemlos maschinell hergestellt werden. Die Details erkennt man nur noch von Nahem und natürlich mit einem fachkundigen Auge.
Die Lausitz benötigt für einen gelingenden Strukturwandel auch einen Imagewandel. Welche Rolle kann das Sorbentum dabei spielen?
Das, was es immer schon tut: Tradition bewahren und fortführen. Dass es auch da ständig Bewegung gibt und auch schon immer gab, kommt uns heute nur schneller vor, weil durch die heute Vernetzung und Globalisierung, sich diese viel schneller und deutlicher abzeichnet. Einen Imagewandel wird es später ohnehin geben, weil wir uns auf andere Dinge konzentrieren werden, als beispielsweise 40 Jahre zuvor. Für viele wird es sicherlich erstmal unsichere Zeiten geben. Ich bedaure das, aber glaube auch, dass da Chancen warten, die genutzt werden wollen. Ich hoffe für alle Lausitzer, dass sie die Kraft haben, immer positiv nach vorn zu schauen und Halt in ihren Traditionen und Wurzeln finden, sowie in dem Zusammenhalt, den uns unsere Gemeinschaften immer noch bieten.
Wurlawy – Spreewaldfashion
Ehm-Welk-Str. 27, Lübbenau
Instagram: @wurlawy
www.wurlawy.de